Entschädigung nutzlos aufgewendete Urlaubszeit

FAQ - alles Wichtige zum Schadensersatz wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit

Anspruchsvoraussetzungen // Verteilung der Reise // Erhebliche Beeinträchtigung der Reise // Ausschluss der Entschädigung // Reiseabsage wegen Corona // Entschädigungshöhe // Wer hat Anspruch?

Nach § 651n Abs. 2 BGB (bei Reisen, die vor dem 01.07.2018 gebucht wurden: § 651f BGB a.F.) haben Reisende Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen nuztlos aufgewendeter Urlaubszeit, wenn eine Pauschalreise verteilt oder erheblich beeeinträchtigt wird. Nachfolgend erfahren Sie, ob auch Sie Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude vom Reiseversanstalter verlangen können:

Voraussetzung für Schadensersatz § 651n BGB

Sie können eine angemessene Entschädigung in Geld für nutlos aufgewendete Urlaubszeit verlangen können, wenn

  • die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird, es sei denn
  • der Reisemangel wurde von Ihnen selbst verschuldet bzw. verursacht oder
  • der Reisemangel wurde durch unvermeidbare außergewöhnliche Umstände verursacht.

Vereitelung der Reise

Eine Vereitelung der Reise liegt vor, wenn diese überhaupt nicht angetreten wird oder wenn die Reise gleich zu Beginn wieder abgebrochen wird. Grund für den Ausfall der Reise kann z.B. sein, dass das Hotel nicht fertiggestellt ist oder der Hinflug einer Pauschalreise ersatzlos gestrichen wurde. Wenn der Reiseveranstalter die Pauschalreise zu Unrecht absagt bzw. den Reisevertrag kündigt (z.B. wegen Überbuchung oder weil ein Kreuzfahrtschiff nicht fertiggestellt ist), liegt ebenfalls ein Fall der Reisevereitelung vor. Hier muss der Veranstalter natürlich den gesamten Reisepreis erstatten. Zusätzlich zur Erstattung kommt aber auch Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude in Betracht. Die Reiseveranstalter erstatten von sich aus nur den Reisepreis. Sie müssen dann aktiv werden und auch eine Entschädigung einfordern.

Erhebliche Beeinträchtigung der Pauschalreise

Anspruch auf Entschädigung ist auch bei einer Beeinträchtigung der Reise möglich. Allerdings muss die Beeinträchtigung erheblich sein. Dies ist eine Wertungsfrage, bei der alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen sind. Ein bestimmte Minderungsquote ist nicht erforderlich. Früher hatten Gerichte zwar eine Minderungsquote von mindestens 50 % gemessen am Gesamtreisepreis gefordert, worauf sich  die Reiseveranstalter auch heute noch gerne berufen. Der BGH hat mittlerweile jedoch entschieden, dass eine bestimmte prozentuale Schwelle der Minderung nicht überschritten sein muss (Urteil BGH v. 21.11.2017, Az X ZR 111/16). Es genügt nach der Rechsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn die Mängel an einzelnen Reisetagen so erheblich sind, dass der Vertragszweck (meist Erholung, Sport oder Bildung) an diesen Tagen weitgehend verfehlt wird und die Urlaubszeit insoweit nutzlos aufgewandt wurde. Falls der Reiseverstanstalter also auf die angeblich bestehtende 50 % - Grenze verweist, sollten Sie sich nicht ohne weiteres von weiteren Schritten abhalten lassen.

Entlastungsgründe - hier muss der Veranstalter nicht entschädigen

Der Reiseversanstalter ist vom Schadensersatz befreit, wenn Sie als Reisender den Mangel selbst verursacht haben. Solche Fälle sind selten. Ein Beispiel wäre, wenn der Reisende den Sicherheitsanweisungen des Flugpersonals nicht Folge leistet oder aufgrund Trunkenheit nicht flugtauglich ist und deshalb von Bord verwiesen wird. Weiterhin besteht kein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude, wenn ein unbeteiligter Dritter - also eine Person, die nicht an der Erbringung der Reiseleistung beteiligt ist- den Mangel verursacht. Falls der Mangel für den Reiseveranstalter jedoch vorhersehbar und vermeidbar war, haben Sie auch in diesem Fall Anspruch auf die Entschädigung.
Schließlich können Sie keine Entschädigung verlangen, wenn die Beeinträchtigung oder Vereitelung der Reise durch einen unvermeidbaren außergewöhnlichen Umstand verursacht wurde. Dieser Begriff wurde durch die Reform des Reiserechts zum 01.07.2018 neu eingeführt (vorher war von "höherer Gewalt" die Rede) und entspricht im Wesentlichen dem außergewöhnlichen Umstand im Sinne der sog. Fluggstrechteverordnung (VO EG 261/2004). Ein Vogelschlag am Flugzeug ist demanch beispielsweise ein außergewönlicher Umstand, so dass keine Entschädigung verlangt werden kann. Ein technischer Defekt am Flugzeug ist hingegen kein außergewöhnlicher Umstand, so der Reisende Anspruch auf Entschädigung hat.

Reiseabsage Veranstalter wegen Corona

Auch in Corona-Zeiten kann der Veranstalter nicht einfach die Reise absagen. Es besteht daher in der Regel Anspruch auf Entschädigung, wenn die Reise während der Pandemie gebucht wurde. Näheres hierzu lesen Sie bitte im Beitrag zu Corona und Pauschalreisen.

Höhe der Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit

Für die Höhe des Schadensersatzanspruchs wegen entgangener Urlaubsfreude gibt es im Gesetz keine fixen Beträge oder Prozentsätze. Nach der Rechtsprechung sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Der Entschädigungsbetrag muss sich aber jedenfalls am Reisepreis orientiern.

Bei einer kurzfristigen Absage der Reise wird wohl meist ein Betrag in Höhe von bis zu 50 % des Reisepreises angemessen sein. Die Rechtsprechung kennt hier aber keine Höchstgrenze, so dass bei Vorliegen besonderer Umstände auch 100 % des Reisepreises angemessen sein können (denkbar bei Hochzeitsreise oder Reise zur Fussball-WM, die nicht nachgeholt werden kann). Bei einer normalen Reise setzen Sie am besten die Hälfte des Reisepreises als Schadensersatz an, wenn die Reise komplett ausfällt.

Sofern die Reise erheblich beeinträchtigt ist, sollte man eine prozentuale Entschädigung fordern, die sich an den Prozentsätzen der Reisepreisminderung (nach Frankfurter Tabelle oder Kemptener Reisemängeltabelle) orientiert. Sofern nur einzelene Tage der Reise beeinträchtigt sind, kann man einen entsprechenden Teil der Tages-Reisepreise als Entschädigung fordern. Bei gravierenden Mängeln an einzelnen Tagen kann (nur!) in Extremfällen aber auch der gesamte Urlaub beeinträchtigt sein (möglich z.B. bei einem "Beinahe-Absturz" des Flugzeugs oder einer Vergewaltigung durch einen Hotelmitarbeiter).

Wichtig: Es spielt keine Rolle, wie Sie Ihre nutzlos aufgewendete Urlaubszeit anderweitig verbringen. Der Erholungswert zu Hause (auf "Balkonien") mindert Ihre Entschädigung nicht. Dasselbe gilt, wenn Sie eine Ersatzreise unternehmen. Auch bei einer Erkrankung oder Aufnahme der Arbeit während der geplanten Reisezeit brauchen Sie keine Schmälerung Ihres Ansrpuchs zu befürchten. In allen genannten Fällen darf die Entschädigung nach § 651n Abs. 2 BGB nicht gekürzt werden.

Wer kann Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude verlangen?

Bei der Geltendmachung der Entschädigung ist folgendes zu beachten:

Anspruchsberechtigte Personen

Jeder Pauschalreisende kann die Entschädigung verlangen. Es spielt keine Rolle, ob Sie Arbeitseinkommen erzielen, so dass auch Schüler, Studenten, Rentner und Kinder einen Anspruch haben (nach Urteil AG Hannover v. 20.09.2017, Az 506 C 631/17 für ein 2,5 Jahre altes Kind). Fraglich ist, ob auch Geschäftsreisende einen Anspruch haben. Hierfür spricht, dass Geschäftsreisende nach den Erwägungen der EU zur Pauschalreiserichtlinie vergleichbaren Schutz benötigen, wie Verbraucher. Allerdings liegt hierzu noch keine Rechtsprechung vor.

(Gerichtliche) Geltendmachung

Eine andere Frage ist, wer die Zahlung der Entschädigung verlangen und notfalls vor Gericht durchsetzen darf. Früher wurde teilweise angenommen, dass es sich um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt, der nicht abgetreten werden kann. Heute ist aber davon auszugehen, dass die Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit - genauso wie der Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der VO 2061/2004 - abtretbar und vererbbar ist. Bitte beachten Sie aber, dass die Reiseveranstalter oft eine Abtretungserklärung verlangen, wenn der Reiseanmelder die Entschädigung für alle Mitreisenden geltend macht (zumindest dann, wenn es keine Familienmitglieder sind). Spätestes wenn die Entschädigung vor Gericht eingeklagt wird, bestreitet der Veranstalter eine wirksame Abtretung, so dass eine entsprechende Vereinbarung vorgelegt werden muss, wenn nicht alle Mitreisenden Kläger des Verfahrens sind.

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